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intelligentbauen9 2019
38  Baustelle ewz
ewz spielt Powerplay in der
­Vaudoise aréna
Ende September fand in der neuen Vaudoise aréna in Prilly das erste Eishockey-
Meisterschaftsspiel statt. Erbauerin, Besitzerin und Betreiberin des Energiesystems
im Multisportkomplex ist die LaZur Energie SA, an der ewz die Mehrheit hält.
Text/Fotos: Beat Matter
Vor wenigen Tagen, am 24. September 2019,
spielte Lausanne HC sein erstes Eishockey-
National-League-Spiel im brandneuen Heim-
Stadion in Prilly. Vor ausverkauften Rängen
duellierte sich Lausannes Spitzenteam mit
Genève-Servette HC in der Vaudoise Aréna.
Ungeachtet des Resultats stellte das Spiel
im neuen Sporttempel ein Meilenstein für
die ganze Region dar. Mit der Vaudoise
aréna, die am Standort des ehemaligen und
baufällig gewordenen Eisstadions Malley
entsteht, bekommt die ­Region Lausanne
eines der grössten und gegenwärtig mo-
dernsten Multisportzentren des Landes.
Energiekonzept für Multisportkomplex
Im Endausbau stehen in der Vaudoise Aréna
drei Eisfelder zur Verfügung: das Hauptfeld
mit 10 000 Zuschauerplätzen, hinzu kom-
men ein Trainings- sowie ein Aussenfeld,
das in der Winterzeit für Spiel- und Plausch
nutzbar wird. Ebenfalls gebaut werden am
Standort vier Schwimmbecken, darunter ein
Olympia-­Schwimmbecken sowie ein eben-
falls wettkampftaugliches Sprungbecken.
Auch Räume für Tischtennis sowie Fecht­
sport finden in der Vaudoise aréna Platz.
Grosszügige Büro- und Empfangsbereiche,
ein Restaurant mit Bar sowie eine zweige-
schossige Tiefgarage mit 200 Stellplätzen
runden das anforderungsreiche Baupro-
gramm ab. Mitte 2017 starteten die Bau­
arbeiten. Sie dauern trotz Spielpremiere in
der Eisarena noch an. Der Komplex wird bis
Anfang 2021 fertiggestellt und etappen-
weise der Nutzung übergeben. Bald jedoch
erfolgen erste Härtetests: Bereits im Januar
2020 finden in der Vaudoise Aréna die Eis-
sportwettbewerbe der Olympischen Winter-
jugendspiele statt. Wenige Monate später
folgen Spiele der Eishockey-Weltmeister-
schaft, die in Lausanne und Zürich ausgetra-
gen werden.
Bauherrin dieses regional bedeutenden
Grossprojekts ist die «Centre sportif de Mal-
ley SA», bestehend aus den Gemeinden
Lausanne, Prilly und Renens. Sie betrieb
bereits die alte Eisarena. In das Neubau-
Projekt werden insgesamt rund 230 Millio-
nen Franken investiert.
ewz mit viel Erfahrung
Einen Monat vor dem ersten Spielanpfiff in
der Eisarena bietet sich auf der Grossbau-
stelle in Prilly kein Bild des baldigen Ab-
schlusses. An allen Ecken und Enden wird
noch gearbeitet. Dutzende Handwerker-
teams treiben ihre Arbeiten im und am Kom-
plex mit Hochdruck voran. Es wird geschlif-
fen, gehämmert, gespitzt und verdrahtet: der
ganz normale Bau-Wahnsinn kurz vor Teil-­
Eröffnung. Das untrüglichste Zeichen aber,
dass in der Vaudoise aréna bald die Be­
triebs­phase anbricht, liegt weiss und kalt un-
ter einem dunklen Hallenboden in der Arena:
Eis. «Die Versorgung des Sportkomplexes
mit Kälte und Wärme konnte trotz hohen An-
forderungen planmässig und rechtzeitig fer-
tiggestellt werden», sagt Catherine Martin-­
Robert. Sie ist Projektleiterin ewz und hat
das Vaudoise-­aréna-Projekt in den letzten
gut drei Jahren von der Konzeption bis zur
Fertigstellung der Energieanlagen begleitet.
Für die Finanzierung, die Planung, den Bau
sowie für Betrieb, Wartung und Unterhalt der
Energieanlagen während 30 Jahren grün-
dete ewz gemeinsam mit Services indus­triels
de Lausanne (SiL) die LaZur Energie SA.
Innerhalb der Gesellschaft koordiniert Lokal-
partner SiL insbesondere juristische und ad-
ministrative Belange des Grossprojekts, der-
weil ewz das technische Know-how einbringt,
das sie aus bereits realisierten Sport-Gross­
projekten wie beispielsweise dem ­Zürcher
Hallenstadion gewinnen konnte.
Fünf Kältemaschinen – und viel
Wärme
Catherine Martin-Robert führt auf verschlun-
genen Wegen zur Energiezentrale im Bauch
des Komplexes. Hier führen zahllose
schwarz und silbern isolierte Leitungen zu-
sammen, im Hintergrund ist der Sound ar-
beitender Kompressoren hörbar. «Die Bau-
herrschaft stellte die zentrale Anforderung,
für die Vaudoise aréna ein möglichst effi­
zientes und nachhaltiges Energiesystem zu
entwickeln», erklärt ewz-Projektleiterin Mar-
tin-Robert. Das rea­lisierte System löst diese
Erwartungen ein, indem es die energeti-
schen Anforderungen der kombinierten Eis-
und Schwimmbadanlagen ideal vereint.
Energiezentrale der Vaudoise aréna. Projektleiterin Catherine Martin-Robert. Vier Rückkühler auf dem Stadiondach.
ewz
Energielösungen
Zürich, Sils (GR), Rolle
www.ewz.ch/el
intelligentbauen9 2019
Baustelle ewz  39
Kälte und Wärme sind gleichermassen
gefragt
Im Zentrum dieses Energiesystems stehen
fünf Ammoniak-Kältemaschinen. Sie ge-
währleisten die Kälteproduktion, die für die
Eisfelder sowie die Gebäudekühlung not-
wendig ist. Unter den drei Eisfeldern wurde
hierzu ein feinmaschiges Glykol-Netz von
insgesamt 60 Kilometern Länge verlegt. Auf
seinem Weg unter den Eisflächen nimmt das
kalte Glykol die Wärme der Eisfelder auf und
führt sie in die Energiezentrale ab. Dort sor-
gen fünf Niederdruckverdichter sowie Ver-
dampfer dafür, dass dem Kühlmittel die
transportierte Wärme entzogen wird und es
in der Folge für eine neue Runde zu den
Eisfeldern bereit ist. Für die Eisproduktion
und den ­Eiserhalt werden Temperaturen bis
–13 ° Celsius produziert. Parallel dazu sorgen
die ­Kältemaschinen für Klimakälte (14 °C)
sowie für Kälte zur Entfeuchtung der Eis-
halle (4 °C). Der Strombedarf, der dabei an-
fällt, wird zu rund 20 Prozent von der gross-
flächigen Photovoltaikanlage auf dem Dach
gedeckt, die vom einem Unternehmen der
Stadt ­Lausanne betrieben wird. Der Rest
wird als erneuerbarer Strom aus dem Netz
bezogen. «Die Kälteproduktion im Eistempel
gelingt uns somit zu 100 Prozent erneuerbar
und CO2-neutral», sagt Catherine Martin-­
Robert.
Energietechnisch ideal ist nun, dass in der
Vaudoise aréna nicht nur ein grosser Kälte-
bedarf besteht. Sondern dass insbesondere
mit den integrierten Schwimmbecken zu-
gleich grosse Wärmeabnehmer vorhanden
sind. Die anfallende Abwärme aus der Kälte-
produktion wird deshalb nicht ungenutzt ab-
geführt, sondern kann direkt zur Deckung
des Wärmebedarfs unter dem eigenen Dach
verwendet werden. Dies geschieht auf ver-
schiedenen Schienen und auf unterschiedli-
chen Temperaturniveaus: Direkt genutzt wird
die anfallende Abwärme für die Eispflege
mit der Eismaschine. Hierfür stellt das Ener-
giesystem den Eismeistern Wasser mit einer
Temperatur von 28 °C bereit. Um auch hö-
here Temperaturanforderungen im Gebäude
erfüllen zu können, arbeiten in der Energie-
zentrale zwei Wärmepumpen. Sie erhöhen
die verfügbaren Wassertemperaturen auf
55 °C (Hochtemperatur) sowie 60 °C
(Brauchwarmwasser). Während über das
Niedertem­peraturnetz mit 32 °C der Löwen­
anteil der Gebäudeheizung abgedeckt wer-
den soll, sind die Schwimmbecken mit Was-
sertemperaturen von permanent 27 und
mehr Grad die Hauptabnehmer des Hoch­
temperaturnetzes. Beim Brauchwarmwasser
wiederum fliesst ein grosser Anteil zu den
künftig rege genutzten Duschen. Falls nicht
benötigte Abwärme anfällt, wird diese über
vier Rückkühler auf dem Dach abgeführt.
Wärme-Bedarfsspitzen werden in der Vau-
doise aréna über das lokale Fernwärmenetz,
an der auch die KVA angeschlossen ist, ge-
deckt. «Mit dem so aufgestellten Gesamt-
system streben wir einen zu 80 Prozent er-
neuerbaren Energiebetrieb an», sagt
Projektleiterin Martin-Robert. Damit gelingt
es, jährlich gut 6000 MWh Energie aus fos­
silen Brennstoffen einzusparen, was einer
Senkung der CO2-Emissionen um jährlich
gut 1200 Tonnen entspricht.
Hoher Koordinationsbedarf
Nach den zentralen Herausforderungen ge-
fragt, streicht Martin-Robert die Dimensio-
nen und die Komplexität des Projekts hervor.
Angesichts der zahllosen involvierten Par-
teien und Fachleute sei der Organisations-,
Koordinations- und schliesslich auch der
Dokumentationsbedarf sehr gross gewesen,
sagt Martin-Robert. Hinzu kommt, dass das
Projekt von Anfang an unter ultimativem
Zeitdruck stand. Denn schon bevor die Ar-
beiten an der neuen Aréna beginnen konn-
ten, standen mehrere Grossveranstaltungen
unverrückbar fest, die darin über die Bühne
gehen sollen. Umso wichtiger war es, mit
ewz einen Partner für das Energie-Power-
play in die Aréna zu holen, der über umfas-
sende Erfahrung mit Energiekonzepten in
grossen Sportanlagen verfügt.  ■
Die Eisarena wenige Wochen vor dem ersten Meisterschaftsspiel.

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Reportage Vaudoise aréna intelligent bauen

  • 1. intelligentbauen9 2019 38  Baustelle ewz ewz spielt Powerplay in der ­Vaudoise aréna Ende September fand in der neuen Vaudoise aréna in Prilly das erste Eishockey- Meisterschaftsspiel statt. Erbauerin, Besitzerin und Betreiberin des Energiesystems im Multisportkomplex ist die LaZur Energie SA, an der ewz die Mehrheit hält. Text/Fotos: Beat Matter Vor wenigen Tagen, am 24. September 2019, spielte Lausanne HC sein erstes Eishockey- National-League-Spiel im brandneuen Heim- Stadion in Prilly. Vor ausverkauften Rängen duellierte sich Lausannes Spitzenteam mit Genève-Servette HC in der Vaudoise Aréna. Ungeachtet des Resultats stellte das Spiel im neuen Sporttempel ein Meilenstein für die ganze Region dar. Mit der Vaudoise aréna, die am Standort des ehemaligen und baufällig gewordenen Eisstadions Malley entsteht, bekommt die ­Region Lausanne eines der grössten und gegenwärtig mo- dernsten Multisportzentren des Landes. Energiekonzept für Multisportkomplex Im Endausbau stehen in der Vaudoise Aréna drei Eisfelder zur Verfügung: das Hauptfeld mit 10 000 Zuschauerplätzen, hinzu kom- men ein Trainings- sowie ein Aussenfeld, das in der Winterzeit für Spiel- und Plausch nutzbar wird. Ebenfalls gebaut werden am Standort vier Schwimmbecken, darunter ein Olympia-­Schwimmbecken sowie ein eben- falls wettkampftaugliches Sprungbecken. Auch Räume für Tischtennis sowie Fecht­ sport finden in der Vaudoise aréna Platz. Grosszügige Büro- und Empfangsbereiche, ein Restaurant mit Bar sowie eine zweige- schossige Tiefgarage mit 200 Stellplätzen runden das anforderungsreiche Baupro- gramm ab. Mitte 2017 starteten die Bau­ arbeiten. Sie dauern trotz Spielpremiere in der Eisarena noch an. Der Komplex wird bis Anfang 2021 fertiggestellt und etappen- weise der Nutzung übergeben. Bald jedoch erfolgen erste Härtetests: Bereits im Januar 2020 finden in der Vaudoise Aréna die Eis- sportwettbewerbe der Olympischen Winter- jugendspiele statt. Wenige Monate später folgen Spiele der Eishockey-Weltmeister- schaft, die in Lausanne und Zürich ausgetra- gen werden. Bauherrin dieses regional bedeutenden Grossprojekts ist die «Centre sportif de Mal- ley SA», bestehend aus den Gemeinden Lausanne, Prilly und Renens. Sie betrieb bereits die alte Eisarena. In das Neubau- Projekt werden insgesamt rund 230 Millio- nen Franken investiert. ewz mit viel Erfahrung Einen Monat vor dem ersten Spielanpfiff in der Eisarena bietet sich auf der Grossbau- stelle in Prilly kein Bild des baldigen Ab- schlusses. An allen Ecken und Enden wird noch gearbeitet. Dutzende Handwerker- teams treiben ihre Arbeiten im und am Kom- plex mit Hochdruck voran. Es wird geschlif- fen, gehämmert, gespitzt und verdrahtet: der ganz normale Bau-Wahnsinn kurz vor Teil-­ Eröffnung. Das untrüglichste Zeichen aber, dass in der Vaudoise aréna bald die Be­ triebs­phase anbricht, liegt weiss und kalt un- ter einem dunklen Hallenboden in der Arena: Eis. «Die Versorgung des Sportkomplexes mit Kälte und Wärme konnte trotz hohen An- forderungen planmässig und rechtzeitig fer- tiggestellt werden», sagt Catherine Martin-­ Robert. Sie ist Projektleiterin ewz und hat das Vaudoise-­aréna-Projekt in den letzten gut drei Jahren von der Konzeption bis zur Fertigstellung der Energieanlagen begleitet. Für die Finanzierung, die Planung, den Bau sowie für Betrieb, Wartung und Unterhalt der Energieanlagen während 30 Jahren grün- dete ewz gemeinsam mit Services indus­triels de Lausanne (SiL) die LaZur Energie SA. Innerhalb der Gesellschaft koordiniert Lokal- partner SiL insbesondere juristische und ad- ministrative Belange des Grossprojekts, der- weil ewz das technische Know-how einbringt, das sie aus bereits realisierten Sport-Gross­ projekten wie beispielsweise dem ­Zürcher Hallenstadion gewinnen konnte. Fünf Kältemaschinen – und viel Wärme Catherine Martin-Robert führt auf verschlun- genen Wegen zur Energiezentrale im Bauch des Komplexes. Hier führen zahllose schwarz und silbern isolierte Leitungen zu- sammen, im Hintergrund ist der Sound ar- beitender Kompressoren hörbar. «Die Bau- herrschaft stellte die zentrale Anforderung, für die Vaudoise aréna ein möglichst effi­ zientes und nachhaltiges Energiesystem zu entwickeln», erklärt ewz-Projektleiterin Mar- tin-Robert. Das rea­lisierte System löst diese Erwartungen ein, indem es die energeti- schen Anforderungen der kombinierten Eis- und Schwimmbadanlagen ideal vereint. Energiezentrale der Vaudoise aréna. Projektleiterin Catherine Martin-Robert. Vier Rückkühler auf dem Stadiondach.
  • 2. ewz Energielösungen Zürich, Sils (GR), Rolle www.ewz.ch/el intelligentbauen9 2019 Baustelle ewz  39 Kälte und Wärme sind gleichermassen gefragt Im Zentrum dieses Energiesystems stehen fünf Ammoniak-Kältemaschinen. Sie ge- währleisten die Kälteproduktion, die für die Eisfelder sowie die Gebäudekühlung not- wendig ist. Unter den drei Eisfeldern wurde hierzu ein feinmaschiges Glykol-Netz von insgesamt 60 Kilometern Länge verlegt. Auf seinem Weg unter den Eisflächen nimmt das kalte Glykol die Wärme der Eisfelder auf und führt sie in die Energiezentrale ab. Dort sor- gen fünf Niederdruckverdichter sowie Ver- dampfer dafür, dass dem Kühlmittel die transportierte Wärme entzogen wird und es in der Folge für eine neue Runde zu den Eisfeldern bereit ist. Für die Eisproduktion und den ­Eiserhalt werden Temperaturen bis –13 ° Celsius produziert. Parallel dazu sorgen die ­Kältemaschinen für Klimakälte (14 °C) sowie für Kälte zur Entfeuchtung der Eis- halle (4 °C). Der Strombedarf, der dabei an- fällt, wird zu rund 20 Prozent von der gross- flächigen Photovoltaikanlage auf dem Dach gedeckt, die vom einem Unternehmen der Stadt ­Lausanne betrieben wird. Der Rest wird als erneuerbarer Strom aus dem Netz bezogen. «Die Kälteproduktion im Eistempel gelingt uns somit zu 100 Prozent erneuerbar und CO2-neutral», sagt Catherine Martin-­ Robert. Energietechnisch ideal ist nun, dass in der Vaudoise aréna nicht nur ein grosser Kälte- bedarf besteht. Sondern dass insbesondere mit den integrierten Schwimmbecken zu- gleich grosse Wärmeabnehmer vorhanden sind. Die anfallende Abwärme aus der Kälte- produktion wird deshalb nicht ungenutzt ab- geführt, sondern kann direkt zur Deckung des Wärmebedarfs unter dem eigenen Dach verwendet werden. Dies geschieht auf ver- schiedenen Schienen und auf unterschiedli- chen Temperaturniveaus: Direkt genutzt wird die anfallende Abwärme für die Eispflege mit der Eismaschine. Hierfür stellt das Ener- giesystem den Eismeistern Wasser mit einer Temperatur von 28 °C bereit. Um auch hö- here Temperaturanforderungen im Gebäude erfüllen zu können, arbeiten in der Energie- zentrale zwei Wärmepumpen. Sie erhöhen die verfügbaren Wassertemperaturen auf 55 °C (Hochtemperatur) sowie 60 °C (Brauchwarmwasser). Während über das Niedertem­peraturnetz mit 32 °C der Löwen­ anteil der Gebäudeheizung abgedeckt wer- den soll, sind die Schwimmbecken mit Was- sertemperaturen von permanent 27 und mehr Grad die Hauptabnehmer des Hoch­ temperaturnetzes. Beim Brauchwarmwasser wiederum fliesst ein grosser Anteil zu den künftig rege genutzten Duschen. Falls nicht benötigte Abwärme anfällt, wird diese über vier Rückkühler auf dem Dach abgeführt. Wärme-Bedarfsspitzen werden in der Vau- doise aréna über das lokale Fernwärmenetz, an der auch die KVA angeschlossen ist, ge- deckt. «Mit dem so aufgestellten Gesamt- system streben wir einen zu 80 Prozent er- neuerbaren Energiebetrieb an», sagt Projektleiterin Martin-Robert. Damit gelingt es, jährlich gut 6000 MWh Energie aus fos­ silen Brennstoffen einzusparen, was einer Senkung der CO2-Emissionen um jährlich gut 1200 Tonnen entspricht. Hoher Koordinationsbedarf Nach den zentralen Herausforderungen ge- fragt, streicht Martin-Robert die Dimensio- nen und die Komplexität des Projekts hervor. Angesichts der zahllosen involvierten Par- teien und Fachleute sei der Organisations-, Koordinations- und schliesslich auch der Dokumentationsbedarf sehr gross gewesen, sagt Martin-Robert. Hinzu kommt, dass das Projekt von Anfang an unter ultimativem Zeitdruck stand. Denn schon bevor die Ar- beiten an der neuen Aréna beginnen konn- ten, standen mehrere Grossveranstaltungen unverrückbar fest, die darin über die Bühne gehen sollen. Umso wichtiger war es, mit ewz einen Partner für das Energie-Power- play in die Aréna zu holen, der über umfas- sende Erfahrung mit Energiekonzepten in grossen Sportanlagen verfügt.  ■ Die Eisarena wenige Wochen vor dem ersten Meisterschaftsspiel.