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| Der Grundstein | Mai 2015
BauWesen/BauUnwesen l
Drei Euro mehr für jeden Bauarbeiter
Die Arbeiter und Angestellten der
Baufirmen sind die eigentlichen
Macher des Bauwerks.
Sie werden durch die systematische In-
effizienz des deutschen Bauwesens um ih-
ren Lohn gebracht. Wenn sich dort was än-
dert, sind drei Euro mehr pro Stunde für je-
den sicher drin. Dazu noch drei Euro mehr
für Steuer und Sozialkassen und drei Euro
pro Stunde Einsparung für den Bauherren.
In den Jahren 2003 bis 2013 hat sich der
Preisindex für das Bauen von Wohngebäu-
den um 25 Prozent erhöht. Bei Nichtwohn-
gebäuden ist der Trend ähnlich. In der glei-
chen Zeit wurde der Anteil regulärer sozial-
und steuerpflichtiger Arbeitsstunden am
Bau um 27 Prozent verringert. Die Baupro-
jekte zeigen immer mehr Verzug in der Fer-
tigstellung, und die Qualität der Bauwerke
wird schlechter. Laut Quellen des deut-
schen Städtetags betragen die Fehlerkos-
ten schon neun Prozent der Bausumme.
Warum geht es mit dem Bauen in Deutsch-
land bergab und mit den Baupreisen steil
nach oben? Dafür gibt es drei Hauptgründe,
die alle in der staatlichen (Un)Ordnung des
deutschen Bauwesens zu finden sind:
Bauproduktehersteller sind erfolgreiche
Lobbyisten. Es braucht zum Bauen immer
mehr und immer teureres Material. Über
Normen und Verordnungen wird ohne je-
de parlamentarische Kontrolle einfach der
Materialaufwand für das Bauen erhöht.
Die dominierenden Organisationen des
Bauwesens sind erfolgreich, das Bauen
komplizierter und aufwändiger zu machen.
Die Baunebenkosten steigen. So konnten
die Ingenieure am Bau von 2005 bis 2012
um 50 Prozent, das heißt, fast 4,8 Milliar-
den Euro pro anno zulegen. Das ist kosten-
mäßig gleichbedeutend, wie zehn Euro
mehr Lohn pro Arbeiterstunde am Bau!
Der Staat fördert Lug und Trug am Bau
durch systematische Intransparenz. Dies
ermöglicht den regierenden Politikern, je-
des beliebige Bauprojekt nach ihren Vor-
stellungen zu starten und im Laufe der Zeit
nach ihrem Gusto zu verändern. Bauen ist
Macht und bringt viel Geld zum Fließen.
Und Taschen dafür finden sich auch immer.
Der Wettbewerb um Qualität und Effizienz
bleibt auf der Strecke.
Wenn der materialbedingte Aufwand und
die Komplikation beim Bauen steigen, wird
zur Kostendämpfung gespart, koste es, was
es wolle. Die billigsten Leute und die unse-
riösesten Anbieter sind in der Budgetkalku-
lation immer noch zu teuer. Dann wird der
Spatenstich eben ohne ausreichende Res-
sourcen gemacht. Das ganze Bauprojekt ist
damit von Anfang an schief aufgesetzt. Es
ist gepfuscht. Gepfuschte Bauprojekte,
weil das staatlich organisierte und prakti-
zierte BauUnwesen gute Bauprojekte im-
mer unmöglicher macht. Und wenn der
Pfusch des schiefen Bauprojekts offensicht-
lich wird, sucht man die Schuldigen auf der
Baustelle. Die Menschen, die mit den Hän-
den arbeiten, werden erst schlecht bezahlt
und dann noch zu den Idioten vom Dienst
gemacht. Es reicht. Jürgen Lauber
Karikaturen:JürgenLauber
Ist-Situation: Die Arbeiter sind immer mehr unter Druck, weil der
Wasserkopf bei Bauprojekten größer und teurer wird.
In dem Buch „BauWesen/BauUnwe-
sen“ hat Jürgen Lauber auf über 364
Seiten die Fehlkonstellationen beim
Bauen in Deutschland mit 50 Cartoons
dokumentiert. Auf der Website
www.rechnerha.us/bauunwesen.de
sind die wesentlichen Inhalte zu
finden.
Auf deutschen Baustellen: Sub-Sub-Subunternehmertum
Die Gewinner: Wenn das staatlich organisierte
deutsche BauUnwesen gestoppt wird.