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“Dritter Ort” und
Partizipation
Aspekte und Klärungen
Inhalt
• Stadt und Dritter Ort - Klärungen
• Perspektiven
• Auflösung des Raums
• Aussichten
• Partizipation als Konzept
• Stufen, Treppen Pyramiden
• Kritik
• Beteiligung ganz praktisch
• Fazit
Stadt und „Dritte Orte”
Historische Aspekte
• Hintergrund: Krise der Städte infolge der
Industrialisierung.
• CIAM 1933: Definition einer funktionalen
Entflechtung der Stadt.
• 1970er: Kritik an Folgen der
Entflechtung.
• 1990er: Kritik an der Ökonomisierung der
Städte, Gentrifizierungsdebatte.
• 2000er: Stadtmarketing,
Städtetourismus, Aufwertung der
Innenstädte.
• 2010er: Reurbanisierung beschleunigt
sich, Bodenspekulation, Mietenproblem.
Perspektiven auf den
„Dritten Ort“
I. Der funktionslose Raum
II. Privat und Öffentlich
III. Ökonomie der Begegnung
IV. Öffentlicher Raum und
Kommerzialisierung
Perspektive I:
Der funktionslose Raum
• Primäre Funktionen des städtischen Raums: Wohnen, Arbeiten, Einkaufen:
 Der Wohnblock, das Villenviertel,
die Fabrik, der Handwerksbetrieb,
das Einkaufszentrum, die Fußgängerzone.
• Sekundäre Funktionen: Verwaltung, Kultur, Erholung/Freizeit:
Das Rathaus, die Bank,
das Stadttheater, das Museum,
der Stadtpark, der Mehrzweckplatz (Jahrmarkt, Zirkus…).
• Infrastrukturen: Verkehrsflächen, städtische Plätze….
• Dritte Orte, die zunächst keine Funktion erfüllen, aber darum Neues ermöglichen.
Perspektive II:
Privat und Öffentlich
• Klare Trennung von Privatheit und Öffentlichkeit In der bürgerlichen
Moderne.
• Eine Wohnung für jede Familie als Ziel des Städtebaus im 20. Jhdt.
• Suburbanisierung orientiert sich am Ideal der Kleinfamilie.
• Öffentliche Räume stark formalisiert, nach Schichten differenziert und durch
Habitus abgeschlossen.
• Subkulturen verwischen und negieren die Dichotomie „Privat / Öffentlich“
und besetzen so die Ränder.
• Gegenkulturen nehmen dies auf und etablieren neue Räume als Dritte Orte.
Perspektive III:
Ökonomie der Begegnung
• Starke Segmentierung der US-amerikanischen Gesellschaft
• Geschlossene Welten der weißen Mittelschicht.
• Ray Oldenburg: Informelle Orte der Begegnung und des Austauschs fehlen.
• Bedeutung von Friseurläden, Kneipen, Cafés, Buchläden etc.
• Räume, in denen man sich jenseits von Arbeit und Familie auch unverabredet
treffen kann sind Dritte Orte
Exkurs:
Oldenburgs Heißmangel
• Eurozentrismus
• Klischee
• Kommerz
• Bibliotheken sind nicht gemeint
Perspektive IV:
Öffentlicher Raum und Kommerzialisierung
• Tendenz zur Privatisierung öffentlicher Güter.
• Kommerzialisierung öffentlicher Räume.
• Stadtmarketing unterscheidet nicht zwischen Identifikation und Vermarktung.
• Dritte Orte funktionieren jenseits solcher Marktlogik
• Menschen können sich dort aufhalten, ohne zu konsumieren.
Auflösung des
Raumes?
• Digitalisierung
• Omnipräsenz vernetzter Information
• Infragestellung gewohnter Dichotomien
• Räume zerfransen, werden löchrig
• „Dritter Ort“ schwierig zu lokalisieren
Zwischenfazit
• Keine eindeutige Definition für „Dritter Ort“
• Perspektiven decken sich teilweise – widersprechen sich aber auch.
• Einrichtungen wie Bibliotheken vom Charakter keine Dritten Orte im Sinne der
Perspektiven I-III – was ist mit dem Konsumzwang (Bsp. Idea Stores)?
• Aber: „Dritter Ort“ als Marketingkonzept derzeit über Bibliotheken hinaus wirksam.
• Wird damit zu einem erklärungsbedürftigen Diskursgegenstand.
• Schlagworte bergen die Gefahr, Kontexte aus den Augen zu verlieren.
• Es gibt bisher keine spezifischen Erfolgsfaktoren, außer „mehr Menschen kommen“.
Aussichten
• Kulturelle Räume im Kontext neu denken
• Dritter Ort als Facette des Raums beschreibbar?
• Gestaltung und Betrieb müssen stimmig sein
• Kulissen sind keine Inhalte
• Marketing ist in Ordnung, ersetzt aber nicht die
inhaltliche Auseinandersetzung:
 Wer begegnet wem und wozu?
 Für wen machen wir das?
 Wen schließen wir ggf. schon durch die Gestaltung aus (Habitus)?
• Klarheit und Wahrheit auch bei den Zielen.
Partizipation und
Beteiligung
Stufen, Treppen, Pyramiden
• Partizipation geht weiter als Beteiligung.
• Unterschiedliche Formen der Darstellung partizipativer Prozesse.
• Evolution von der Ignoranz zur Selbstorganisation.
• Expertengesteuerte Planung vs. nutzergesteuerte Planung.
• Thema Scheinbeteiligung – gibt es auf jeder Stufe.
• Hoher Grad der Beteiligung = Hohe Qualität?
• Welcher Grad der Beteiligung passt zum Prozess und zur Zielgruppe?
Kritik
• Beteiligung als Hype
• Partizipation und Habitus
• Repräsentativität
• Partizipation als Kultur
• Ergebnisse merkwürdig ähnlich
• Qualität der Konzepte?
• Über-Partizipation
• „Tyrannei der Veränderung“
Beteiligung in
der Praxis
• Konzeption
• Formate und Formen
• Methoden
Keine Beteiligung ohne Konzept
• Warum wollen wir eine Beteiligung?
Gibt es gute Gründe, eine Beteiligung durchzuführen?
Zieldefinition
• Was wollen wir wissen?
Welchen Erkenntnisgewinn versprechen wir uns?
Was können wir erfahren, was wir nicht schon wissen?
• Wen wollen wir beteiligen?
Die Bevölkerung ist keine Gruppe
Zielgruppe definieren
Wie können wir die gewünschte Gruppe erreichen und aktivieren?
Formen & Formate in der
informellen Beteiligung
• Stufe der Partizipation
• Direkte und indirekte Beteiligung
• Repräsentativer Charakter
• Town Hall Meetings
• Workshops
• Digitale Formate
• Beteiligungsprozesse
Methoden in
Beteiligungsprozessen
• Information
• Sammelnde und ordnende Phasen
• Diskursive Methoden
(Fishbowl, Brown Bag)
• Ideensammlung
(Brainstorming, World Café)
• Auswertung (Clustering,
Planungsevaluation)
• Iterative Prozesse im Methodenmix
(Design-Thinking, Co-Design)
Zwischenfazit
• Partizipation ist eine Kultur, Beteiligung ist kontextabhängig
• Relevanz von Vorerfahrungen
• Wollen wir etwas für eine Zielgruppe oder zusammen mit ihr gestalten?
• Beteiligung als Rückversicherung ist legitim aber: Transparenz ist wichtig!
• Form, Format und Methode müssen zum Thema und zur Institution passen.
Die Diskussion
Zusammengefasst
• „Dritter Ort“ wird verkürzt und
missverständlich verwendet.
• Kulturräume sind mehr und sollten mehr sein,
als „Dritte Orte“.
• Als räumliche Facette sind „Dritte Orte“ aber
evtl. interessant.
• Kein Zwang zur Begegnung – Rückzugsräume
schaffen.
• Sehen „Dritte Orte“ überall gleich aus, nimmt
man den Kontext nicht ernst.
• Beteiligung ist kein Selbstzweck.
• Expertengesteuerte Planung kann je nach
Thema und Kontext die bessere Variante sein.
• Methodenvielfalt bedeutet auch
Verantwortung.
Zum Weiterlesen:
• Blog von Dr. Karsten Schuldt (HTW Chur): https://bildungundgutesleben.wordpress.com/
 kritische Beiträge u.a. zu „Aat Voss Bibliotheken“, Partizipation und Design Thinking
• Beitrag in Die Zeit 49/2019 zum Thema Introversion:
 https://www.zeit.de/2019/49/introvertierte-menschen-charakter-ruhe-stille-staerken
• Zu den variierenden Leiter- Stufen und Pyramiden der Partizipation (zwei Beispiele):
 Leiter (ursprüngliches Modell): Arnstein, Sherry R. (1969): „A Ladder of Citizen Participation,“ Journal
of the American Planning Association, Vol. 35, No. 4, 216-224.
 Pyramide: Straßburger/Rieger (Hg.) (2014): Partizipation kompakt - Für Studium, Lehre und Praxis
sozialer Berufe.
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit
Olaf Eigenbrodt
bibliothek@oskarsson.de
www.oskarsson.de

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Dritter Ort und Partizipation Neuss 2019

  • 2. Inhalt • Stadt und Dritter Ort - Klärungen • Perspektiven • Auflösung des Raums • Aussichten • Partizipation als Konzept • Stufen, Treppen Pyramiden • Kritik • Beteiligung ganz praktisch • Fazit
  • 3. Stadt und „Dritte Orte” Historische Aspekte • Hintergrund: Krise der Städte infolge der Industrialisierung. • CIAM 1933: Definition einer funktionalen Entflechtung der Stadt. • 1970er: Kritik an Folgen der Entflechtung. • 1990er: Kritik an der Ökonomisierung der Städte, Gentrifizierungsdebatte. • 2000er: Stadtmarketing, Städtetourismus, Aufwertung der Innenstädte. • 2010er: Reurbanisierung beschleunigt sich, Bodenspekulation, Mietenproblem.
  • 4. Perspektiven auf den „Dritten Ort“ I. Der funktionslose Raum II. Privat und Öffentlich III. Ökonomie der Begegnung IV. Öffentlicher Raum und Kommerzialisierung
  • 5. Perspektive I: Der funktionslose Raum • Primäre Funktionen des städtischen Raums: Wohnen, Arbeiten, Einkaufen:  Der Wohnblock, das Villenviertel, die Fabrik, der Handwerksbetrieb, das Einkaufszentrum, die Fußgängerzone. • Sekundäre Funktionen: Verwaltung, Kultur, Erholung/Freizeit: Das Rathaus, die Bank, das Stadttheater, das Museum, der Stadtpark, der Mehrzweckplatz (Jahrmarkt, Zirkus…). • Infrastrukturen: Verkehrsflächen, städtische Plätze…. • Dritte Orte, die zunächst keine Funktion erfüllen, aber darum Neues ermöglichen.
  • 6. Perspektive II: Privat und Öffentlich • Klare Trennung von Privatheit und Öffentlichkeit In der bürgerlichen Moderne. • Eine Wohnung für jede Familie als Ziel des Städtebaus im 20. Jhdt. • Suburbanisierung orientiert sich am Ideal der Kleinfamilie. • Öffentliche Räume stark formalisiert, nach Schichten differenziert und durch Habitus abgeschlossen. • Subkulturen verwischen und negieren die Dichotomie „Privat / Öffentlich“ und besetzen so die Ränder. • Gegenkulturen nehmen dies auf und etablieren neue Räume als Dritte Orte.
  • 7. Perspektive III: Ökonomie der Begegnung • Starke Segmentierung der US-amerikanischen Gesellschaft • Geschlossene Welten der weißen Mittelschicht. • Ray Oldenburg: Informelle Orte der Begegnung und des Austauschs fehlen. • Bedeutung von Friseurläden, Kneipen, Cafés, Buchläden etc. • Räume, in denen man sich jenseits von Arbeit und Familie auch unverabredet treffen kann sind Dritte Orte
  • 8. Exkurs: Oldenburgs Heißmangel • Eurozentrismus • Klischee • Kommerz • Bibliotheken sind nicht gemeint
  • 9. Perspektive IV: Öffentlicher Raum und Kommerzialisierung • Tendenz zur Privatisierung öffentlicher Güter. • Kommerzialisierung öffentlicher Räume. • Stadtmarketing unterscheidet nicht zwischen Identifikation und Vermarktung. • Dritte Orte funktionieren jenseits solcher Marktlogik • Menschen können sich dort aufhalten, ohne zu konsumieren.
  • 10. Auflösung des Raumes? • Digitalisierung • Omnipräsenz vernetzter Information • Infragestellung gewohnter Dichotomien • Räume zerfransen, werden löchrig • „Dritter Ort“ schwierig zu lokalisieren
  • 11. Zwischenfazit • Keine eindeutige Definition für „Dritter Ort“ • Perspektiven decken sich teilweise – widersprechen sich aber auch. • Einrichtungen wie Bibliotheken vom Charakter keine Dritten Orte im Sinne der Perspektiven I-III – was ist mit dem Konsumzwang (Bsp. Idea Stores)? • Aber: „Dritter Ort“ als Marketingkonzept derzeit über Bibliotheken hinaus wirksam. • Wird damit zu einem erklärungsbedürftigen Diskursgegenstand. • Schlagworte bergen die Gefahr, Kontexte aus den Augen zu verlieren. • Es gibt bisher keine spezifischen Erfolgsfaktoren, außer „mehr Menschen kommen“.
  • 12. Aussichten • Kulturelle Räume im Kontext neu denken • Dritter Ort als Facette des Raums beschreibbar? • Gestaltung und Betrieb müssen stimmig sein • Kulissen sind keine Inhalte • Marketing ist in Ordnung, ersetzt aber nicht die inhaltliche Auseinandersetzung:  Wer begegnet wem und wozu?  Für wen machen wir das?  Wen schließen wir ggf. schon durch die Gestaltung aus (Habitus)? • Klarheit und Wahrheit auch bei den Zielen.
  • 14. Stufen, Treppen, Pyramiden • Partizipation geht weiter als Beteiligung. • Unterschiedliche Formen der Darstellung partizipativer Prozesse. • Evolution von der Ignoranz zur Selbstorganisation. • Expertengesteuerte Planung vs. nutzergesteuerte Planung. • Thema Scheinbeteiligung – gibt es auf jeder Stufe. • Hoher Grad der Beteiligung = Hohe Qualität? • Welcher Grad der Beteiligung passt zum Prozess und zur Zielgruppe?
  • 15. Kritik • Beteiligung als Hype • Partizipation und Habitus • Repräsentativität • Partizipation als Kultur • Ergebnisse merkwürdig ähnlich • Qualität der Konzepte? • Über-Partizipation • „Tyrannei der Veränderung“
  • 16. Beteiligung in der Praxis • Konzeption • Formate und Formen • Methoden
  • 17. Keine Beteiligung ohne Konzept • Warum wollen wir eine Beteiligung? Gibt es gute Gründe, eine Beteiligung durchzuführen? Zieldefinition • Was wollen wir wissen? Welchen Erkenntnisgewinn versprechen wir uns? Was können wir erfahren, was wir nicht schon wissen? • Wen wollen wir beteiligen? Die Bevölkerung ist keine Gruppe Zielgruppe definieren Wie können wir die gewünschte Gruppe erreichen und aktivieren?
  • 18. Formen & Formate in der informellen Beteiligung • Stufe der Partizipation • Direkte und indirekte Beteiligung • Repräsentativer Charakter • Town Hall Meetings • Workshops • Digitale Formate • Beteiligungsprozesse
  • 19. Methoden in Beteiligungsprozessen • Information • Sammelnde und ordnende Phasen • Diskursive Methoden (Fishbowl, Brown Bag) • Ideensammlung (Brainstorming, World Café) • Auswertung (Clustering, Planungsevaluation) • Iterative Prozesse im Methodenmix (Design-Thinking, Co-Design)
  • 20. Zwischenfazit • Partizipation ist eine Kultur, Beteiligung ist kontextabhängig • Relevanz von Vorerfahrungen • Wollen wir etwas für eine Zielgruppe oder zusammen mit ihr gestalten? • Beteiligung als Rückversicherung ist legitim aber: Transparenz ist wichtig! • Form, Format und Methode müssen zum Thema und zur Institution passen.
  • 21. Die Diskussion Zusammengefasst • „Dritter Ort“ wird verkürzt und missverständlich verwendet. • Kulturräume sind mehr und sollten mehr sein, als „Dritte Orte“. • Als räumliche Facette sind „Dritte Orte“ aber evtl. interessant. • Kein Zwang zur Begegnung – Rückzugsräume schaffen. • Sehen „Dritte Orte“ überall gleich aus, nimmt man den Kontext nicht ernst. • Beteiligung ist kein Selbstzweck. • Expertengesteuerte Planung kann je nach Thema und Kontext die bessere Variante sein. • Methodenvielfalt bedeutet auch Verantwortung.
  • 22. Zum Weiterlesen: • Blog von Dr. Karsten Schuldt (HTW Chur): https://bildungundgutesleben.wordpress.com/  kritische Beiträge u.a. zu „Aat Voss Bibliotheken“, Partizipation und Design Thinking • Beitrag in Die Zeit 49/2019 zum Thema Introversion:  https://www.zeit.de/2019/49/introvertierte-menschen-charakter-ruhe-stille-staerken • Zu den variierenden Leiter- Stufen und Pyramiden der Partizipation (zwei Beispiele):  Leiter (ursprüngliches Modell): Arnstein, Sherry R. (1969): „A Ladder of Citizen Participation,“ Journal of the American Planning Association, Vol. 35, No. 4, 216-224.  Pyramide: Straßburger/Rieger (Hg.) (2014): Partizipation kompakt - Für Studium, Lehre und Praxis sozialer Berufe.
  • 23. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Olaf Eigenbrodt bibliothek@oskarsson.de www.oskarsson.de

Editor's Notes

  1. Erwägen Sie, über Folgendes zu sprechen: Übersicht – Formate, Formen, Methoden der Bürgerbeteiligung
  2. Erwägen Sie, über Folgendes zu sprechen: Übersicht – Formate, Formen, Methoden der Bürgerbeteiligung
  3. Erwägen Sie, über Folgendes zu sprechen: Übersicht – Formate, Formen, Methoden der Bürgerbeteiligung
  4. Erwägen Sie, über Folgendes zu sprechen: Übersicht – Formate, Formen, Methoden der Bürgerbeteiligung