Was ist Demokratie? Unterrichts-Material für die Räte-Zeit, Knapper Überblick zur Lebenssituation und wichtigste Forderungen, Frauenrechte,
Titelbild: Sarah Sonja Lerch, an der Seite von Kurt Eisner und Ernst Toller, berichtet von Cornelia Naumann, www.raete-muenchen.de
2. WAS ist Demokratie?
Aktionen und Ideen der frühen Kämpfenden für Frieden,
Frauenrechte, Selbstbestimmung und Selbstorganisation in der
Revolution 1918 und danach in den Räten Baierns
3. WAS ist Demokratie?
Wie begannen die Ideen der Demokratie zu wachsen?
heute: Aus einem Blick in die Geschichte vor 100 Jahren
Eva Maria Volland, Pädagogisches Institut München
Fritz Letsch Gestalt und Geschichte www.raete-muenchen.de
Plenum-R zu Revolution und Rätezeit: www.plenum-R.org
4.
5. Vorgeschichte
Monarchie und viele kleine Staaten … Kaiserreich
Die niedergeschlagene Demokratie-Forderung der
Studierenden von 1848
Polizei-Spitzel in ganz Europa?
Nein: Demokratie in der Schweiz!
Gewerkschaftsverbot und Sozialisten-Gesetze unter
Bismarck bringen der SPD die Mehrheit im Reichstag
6. Gleichzeitig ...
Gartenstadt- und Genossenschaftsbewegungen um die
größeren Städte,
AnarchistInnen und Bewegungen für Frieden und Frauen-
Wahlrecht in Literatur und Theater, Zeitschriften & Zensur
Internationale der ArbeiterInnen bei Kongressen in der
Schweiz, Lebensreform-Bewegungen, Naturisten
7. Aufrüstung und Krieg
Die Kriegstreiberei bis 1914 bringt zwar einen inneren
"Burgfrieden" für Gewerkschaften und SPD, aber
keinen "Siegfrieden"
Die SPD stimmt bis 1916 den Kriegsanleihen zu und
schließt PazifistInnen aus -> Gründung USPD
Die Friedensverhandlungen 1917 in Brest-Litowsk
bringen die Gebietsansprüche des Kaiserreiches ans
Licht, statt „Verteidigung“
Mehrtägige Hunger-Demonstrationen von Frauen mit
Kindern am Marienplatz in München
8. RüstungsarbeiterInnen-Streiks im Januar 1918
Ab 31. Jan. Gefängnis für Kurt Eisner, Sarah Sonja Lerch
und die USPD-Führung in München (bis zu 10 Monate
Untersuchungshaft!)
Selbstmord (?) von Sarah Sonja Lerch 29.3.18
Nach Zusammenbruch der "Frühjahrs-Offensive" in
Frankreich, viele zurück kommende Soldaten und
Verwundete
Kurt Eisner wird erst im Oktober wieder frei gelassen,
um für die Reichstags-Nachwahl kandidieren zu können
9. 4. November 1918
Die Kriegsflotte soll noch einmal auslaufen und versenkt
werden, um nicht den Briten in die Hände zu fallen
Das Kriegsende steht bevor, Versorgungskrisen zum
kommenden Winter, Unmut gegen Adel und Monarchie
7. November 1918: Riesige Kundgebung auf der
Theresienwiese von SPD und USPD
Anschließende Friedens-Demonstration der SPD zum
"Friedenengel", (der eigentlich eine Sieges-Göttin Nike
ist), und Auflösung dort
Meuterei der Kieler Matrosen
10. gleichzeitiger Zug der USPD zu den Kasernen
vorbereitete Soldaten-Räte, die sich aus den Kasernen
befreien und anschließen
Flucht der Königsfamilie Richtung Österreich
niemand ist mehr bereit, den König zu verteidigen
Ausrufung der Republik durch Kurt Eisner und Wahl
der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte
Einzug in den Landtag in der Prannerstraße
Proklamation auf Plakaten und in den Zeitungen
11.
12. Kämpfe und Schüsse in Arbeiter- und
Matrosen-Demonstrationen in Berlin
Dezember 1918 Reichs-Rätekongress in Berlin:
Arbeiter-, Bauern- und Soldaten-Räte im dt. Reich
15. Januar Ermordung Karl Liebknecht und Rosa
Luxemburg und 31 Arbeiter in Berlin
Auftraggeber der reaktionären Gegengewalt war der
SPD-geführte Rat der Volksbeauftragten
19. Januar Reichstags- und Landtagswahlen in
Bayern, erstmals für alle BürgerInnen
21. Februar Ermordung von Kurt Eisner durch den
Bündisch-katholischen Studenten Anton Arco
13. Arbeiter-, Bauern und Soldaten-Räte in München
Bairischer Rätekongress März 1919 in München
7. April 1919 erste anarchistische Räteregierung
Baiern, parallel dazu ein SPD-Parlament in Bamberg
13. April 1919 Palmsonntagsputsch durch Thule-
Geheimbund und Freikorps: Soldaten-Gruppen
Verhaftung von Erich Mühsam und 12 weiterer Räte,
Entführung ins Gefängnis in Ebrach
14. Zweite (kommunistische) Räteregierung,
Zentralrat der Republik Baiern,
Führung durch den Augsburger Lehrer Ernst Niekisch
Der Pazifist Ernst Toller führt die Rote Armee Baiern
Eroberung Münchens durch Reichswehr-Truppen und
rechte Freikorps Ende April bis zum 2. Mai.
Ermordung von etwa tausend BürgerInnen allein in
München sowie vieler russischer Kriegsgefangener und
Gustav Landauers in Stadelheim
Emil Gumbel: Vier Jahre politischer Mord. Berlin 1927
Geleitwort Albert Einstein Mathematiker, zu Rechten und Linken Morden & jeweiliger Strafe
Beginn der „Ordnungszelle Bayern“ auch in der Polizei,
der Staatsanwaltschaft und vor Gericht
15. Bekannte Persönlichkeiten der Revolution
Kurt Eisner
Sarah Sonja Lerch
Ernst Toller
Erich und Zenzl Mühsam
Gustav Landauer
Anita Augspurg
17. Frauen in der Revolution und den Räten 1918/19
Vorgeschichte
1848: Bürgerliche Frauen und die Forderung nach
Bildung, Recht zum Studium
Allgemeines und Frauenwahlrecht
Preußisches Vereinsgesetz 1850 verbietet Frauen – auch
in Bayern – politische Betätigung und die Mitgliedschaft in
politischen Vereinen
Bürgerliche Emanzipationsbewegung: 1899 Gründung des
Vereins für Frauen-Interessen, Anita Augspurg u.a.:
Akademische Berufe, Frauenwahlrecht, Frieden
18. Die Bürgerliche Frauenbewegung
Ausschuss für dauernden Frieden, Keimzelle der
Internationalen Frauen-Liga für Frieden und Freiheit
(IFFF), gegründet 1915
Gemäßigter und radikaler Flügel:
Unterschiedliche Standpunkte zu
Bildung, Berufstätigkeit und Wahlrecht
Forderung der Radikalen an Kurt
Eisner: Frauen-Räte!
Kandidatur Anita Augspurgs für den
bayrischen Landtag für die USPD
19. ArbeiterInnenbewegung
Engels: Die Frau als doppelt Unterdrückte braucht eine
eigenständige Existenz durch Erwerbstätigkeit
Bebel: „Die Frau und der Sozialismus“, u.a. Forderung nach dem
Frauenwahlrecht und der Frauenerwerbstätigkeit
Clara Zetkin in der SPD: Radikale Kriegsgegnerin und
Verfechterin des Frauenwahlrechts, Zeitschrift „Die Gleichheit“ als
zentrales Organ
Durchbruch erst am Ende des Ersten Weltkriegs: Verkündung
des Frauenwahlrechts durch Kurt Eisner, Spaltung der SPD
1917, Clara Zetkin tritt über zur pazifistischen USPD
Im Januar 1919 dürfen erstmals Frauen wählen und gewählt
werden.
20. Weitere Forderungen der Frauen
1. Frauen in den Richterstand
2. Frauen in die Angestellten-, Invaliden- und
Krankenversicherungen
3. Aufhebung des „Zölibats“ für weibliche Beamte
4. Fortzahlung des Lohnes während der Schwangerschaft
5. Die gleichen Bestimmungsrechte, die der Mann hat,
über die Kinder
6. Gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeitsleistung
21. Weitere Forderungen der Frauen
7. Einführung der gemeinsamen Erziehung von Knaben und
Mädchen in den Schulen (Koedukation)
8. Zugang zu allen Zweigen der öffentlichen Verwaltung
(Bürgermeisterinnen, Ministerinnen)
9. Gleichstellung von Ehepartnern
10. Gleichstellung von ledigen Müttern und unehelichen
Kindern
11. Quotierung „Prozentual ebenso viele Abgeordnete wie
Wählerinnen“
22. Errungenschaften der Revolution
Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen
Wahlrechts für Männer und Frauen: Bis dahin gab es nur
Stände-Kammern der Besitzenden und Steuerzahlenden
Aufhebung des Gesinderechts für DienstbotInnen
Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht und Ersetzung durch
staatliche Schulräte, Bildungs-Reformen
Einführung des 8-Stunden-Tages, Gründung von Betriebsräten
Angleichung der Löhne von Männern und Frauen beginnt
Grundgedanke der Verfassung durch das Volk:
vom Gottesgnadentum zur Republik und Volkssouveränität
Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Gesetz
23. Die Räte
Direkt von der Bevölkerung gewählt, ihr verantwortlich
und an Weisungen gebunden
Basis-Einheiten sind Betriebe oder Wohnbereiche
Räte als Gesetzgebende, Regierende und Gerichte
Gewaltenteilung?
Auf mehreren Ebenen: Wohn- und Betriebsebene,
örtlichen und Bezirksräte, auf oberster Ebene der
Zentralrat
Eisner nannte es „provisorischen Zentralrat“:
24. Räte oder Parlament?
7. Nov: Vorläufige konstituierende Versammlung der
Arbeiter-, Soldaten und Bauernräte wählt Eisner zum
Vorsitzenden
8. Nov: vormittags Bildung Koalitions-Regierung USPD +
MSPD unter Ministerpräsident Kurt Eisner (USPD)
8. Nov: nachmittags: Der aus 256 Mitgliedern bestehende
Provisorische Nationalrat aus je 50 A-S-B- Räten und
verschiedenen Verbänden sowie 38 Mitgliedern des
ehemaligen Landtags wird einberufen,
um die Regierung zu bestätigen
25. Provisorischer Nationalrat
„Mit der Teilnahme an der Revolutionsregierung verbindet die MSPD
das Ziel, die Weichen in Richtung auf eine parlamentarische
Demokratie zu stellen.
Eisner glaubt dagegen, die Durchsetzung der sozialen Revolution nur
mittels des Rätesystems bewerkstelligen zu können, und möchte die
Wahl eines verfassunggebenden Landtags möglichst verzögern.
Ein bolschewistisches Rätesystem im Sinne einer "Diktatur des
Proletariats" lehnt aber auch er ab.“
http://www.hdbg.de/parlament/content/ltDetailPrint.php?id=37
26. Dass der Nationalrat nur von geringer politischer Bedeutung ist, geht schon
daraus hervor, dass er erst fünf Wochen später, am 13. Dezember, zu seiner
zweiten Sitzung einberufen wird.
Die Regierung Eisner räumt dem Nationalrat nur eine beratende Funktion ein
und verweigert ihm jede Mitwirkung an der Gesetzgebung.
Das wird noch einmal in dem "vorläufigen Staatsgrundgesetz der Republik
Bayern" vom 4. Januar 1919 bestätigt, welches die Regierung erlässt, ohne
den Nationalrat einbezogen zu haben, und wonach "die revolutionäre
Regierung die gesetzgebende und vollziehende Gewalt ausübt" bis zur
"endgültigen Erledigung des Verfassungsentwurfs, der dem Landtag sofort
nach seinem Zusammentritt vorgelegt werden muss".
Mit den Landtagswahlen vom 12. Januar 1919 erlischt die Existenz des
Provisorischen Nationalrats.
27. Positive Nachwirkungen
Lebensreform-Bewegung, Wandervogel und
verbandliche Jugendbewegungen wirken weiter
Kunst und Kultur, Theater und Druck
ohne Zensur
„Die Welt von gestern“ Stefan Zweig
Ernst Toller: „Hoppla, wir Leben!“
Räte oder Parlamentarismus?
WAS ist Demokratie?
28.
29. Quellen zu Revolution und Räten
Münchner Stadtmuseum zu Kurt Eisner: www.muenchner-
stadtmuseum.de/sonderausstellungen/online-praesentation-kurt-eisner-1867-1919.html
Plenum-R Revolutionswerkstätten
www.Raete-muenchen.de
MünchenHören: www.br.de/unternehmen/inhalt/
medienkompetenzprojekte
Münchner Zeitensprünge - hartbrunner.de
Tagebuch-Mails als
Christiane Hauck: Brotmarken und Rote Fahnen
Simon Schaupp: Der kurze Frühling der Räterepublik